Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht (sogenannte "Lifestyle- Arzneimittel"), sind von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen. Die vom Verordnungsausschluss betroffenen Fertigarzneimittel und Anwendungsgebiete sind als Übersicht in der Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) aufgelistet.
Unter der Indikation "Abmagerungsmittel (zentral wirkend)" ist in Anlage II zur AM-RL das Fertigarzneimittel Imcivree® mit dem Wirkstoff Setmelanotid (ATC-Code A 08 AA 12) im Rahmen eines Ausnahmetatbestandes aufgeführt. Setmelanotid ist damit als zentral wirkendes Abmagerungsmittel von der Verordnung zu Lasten der GKV ausgeschlossen. Eine Verordnung auf Kassenrezept ist nur ausnahmsweise im Zusammenhang mit genetisch bestätigtem, durch Funktionsverlustmutationen bedingtem biallelischem Pro-Opiomelanocortin (POMC)- Mangel (einschließlich PCSK1) oder biallelischem Leptinrezeptor (LEPR) -Mangel bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren möglich.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun durch einen entsprechenden Beschluss die bestehende Ausnahmeregelung um das genetisch bestätigte Bardet-Biedl-Syndrom erweitert.
Hintergrund hierfür ist die Zulassungserweiterung des entsprechenden Fertigarzneimittels zur Behandlung von Fettleibigkeit und Bekämpfung von Hunger im Zusammenhang mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedel-Syndrom. Wie bei den anderen, bereits aufgeführten Ausnahmeindikationen, führt das Bardet-Biedl-Syndrom aufgrund einer Genmutation unter anderem zu einem unstillbaren Hungergefühl. Dies führt oft schon im Kindesalter zu einer sehr starken Gewichtszunahme und damit verbundenen Langzeitfolgeschäden. Da der unkontrollierbare Hunger auf einen Gendefekt zurückzuführen ist, zeigt eine konventionelle Adipositasbehandlung in Form einer Lebensstiländerung kaum Erfolg. Bei der Behandlung steht aufgrund der Schwere der Erkrankung somit nicht die Erhöhung der Lebensqualität, sondern eine medizinisch notwendige therapeutische Wirkung im Vordergrund. Daher wurde das Bardet-Biedl-Syndrom als weitere Ausnahme vom Verordnungsausschluss von Setmelanotid aufgenommen.
Der Beschluss ist seit dem 20. April 2023 in Kraft.