Die Vertreterversammlung (VV) der KBV hat am Montag bei ihrer Sitzung in Essen eine Reihe von Resolutionen und Anträgen verabschiedet. Unter anderem spricht sich die VV für eine Aufwandspauschale im Rahmen der Arzneimittelengpässe aus. Außerdem müssen medizinisch begründete Entscheidungen im Rahmen von Verordnungen stärker als bisher geschützt werden. Bei der Entwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA) wird gefordert, ärztlichen und psychotherapeutischen Sachverstand einzubringen.
Die VV der KBV appellierte am Montag an das Bundesgesundheitsministerium, bürokratische Kontrollen in der Wirtschaftlichkeitsprüfung dahingehend zu überarbeiten, dass der Raum für medizinisch rationale Verordnungsentscheidungen gesichert werde. Getroffene "medizinisch rationale Entscheidungen" dürfen nach Ansicht der VV-Mitglieder nicht Ausgangspunkt für Wirtschaftlichkeitsprüfungen sein. Notwendig sei daher eine "gesetzliche Klarstellung, wonach die Verordnungen im Rahmen des Off-Label-Use und von Arzneimitteln der Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unter die Differenzkostenberechnung nach § 106b Abs. 2a SGB V fallen."
KV RLP: Regressrisiko deutlich verringern
Arzneimittel im Off-Label-Use werden beispielsweise bei neurologischen und onkologischen Indikationen sowie in der Pädiatrie verordnet, die jedoch für das konkrete Anwendungsgebiet nicht zugelassen sind – obwohl diese in den Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften für die jeweiligen Indikationen empfohlen werden, heißt es in der Begründung zur Resolution. Im Nachgang würden die Krankenkassen die Voraussetzungen des Off-Label-Use häufig ablehnen, auch wenn es sich um medizinisch sachgerechte und rationale Verordnungen handelt. Regresse sind dann die Folge. Die KV RLP setzt sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bereits seit vielen Jahren dafür ein, das Regressrisiko für die vertragsärztlichen Mitglieder deutlich zu verringern und ihnen Erleichterungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu verschaffen.
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV RLP, Dr. Andreas Bartels, erläuterte auf der KBV-VV am Beispiel eines Regressantrags einer Krankenkasse in Rheinland-Pfalz, wie mit Off-Label-Verschreibungen aktuell umgegangen werde: So habe eine Ärztin einer Patientin einen Bluterdünner verordnet. Da die Patientin aber stark untergewichtig gewesen sei, hat die Ärztin die Dosis halbiert. Zur Schlaganfallprävention war das verordnete Medikament in dieser Dosierung allerdings nicht zugelassen. "Die Kollegin muss das Medikament nun komplett selbst bezahlen. Das zeigt den Unsinn der ganzen Regelungen und warum immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte Lust haben, sich diesem System zu stellen", kritisierte Dr. Bartels. Hier müsse auch der Deutsche Ärztetag "geschlossen ein Zeichen setzen".
Mehraufwand für Versorgungsengpässe vergüten
In der Resolution zum Thema Arzneimittelengpässe hat die VV den KBV-Vorstand damit beauftragt, in den anstehenden Honorarverhandlungen einen Zuschlag zu den Versichertenpauschalen für alle arzneimittelverordnenden Fachgruppen zu verhandeln. Damit soll der durch die Versorgungsengpässe entstandene erhebliche Mehraufwand abgegolten werden.
ePA muss schnell und aufwandsarm in den Praxen umsetzbar sein
Weiterhin sprach sich die KBV-VV dafür aus, bei der Entwicklung der elektronischen Patientenakte ärztlichen und psychotherapeutischen Sachverstand zu berücksichtigen. In der ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung werde die ePA nur dann einen positiven Beitrag leisten können, wenn sie in der Praxis schnell und aufwandsarm genutzt werden kann. Ihr Einsatz müsse für die Versorgung der Patientinnen und Patienten Vorteile bieten, forderten die VV-Mitglieder in einer weiteren Resolution. "Darüber hinaus muss der Patientenschutz durch die Einführung der ePA auch in besonderen Konstellationen gewährleistet bleiben."