Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgestellte Eckpunktepapier zur Notfallreform enthält nach Ansicht des Vorstands der KV RLP positive Vorschläge. Einige Punkte sind jedoch unrealistisch und lassen sich mit den aktuellen Gegebenheiten in der Versorgung nicht umsetzen.
Der Vorstand der KV RLP begrüßt, dass sich Karl Lauterbach in seinem Eckpunktepapier für eine bedarfsgerechte Steuerung der Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsebene ausspricht. "Dies praktizieren wir bereits erfolgreich im Patientenservice 116117, in dem medizinisch ausgebildetes Personal mithilfe des zertifizierten Medizinprodukts SmED* eine Ersteinschätzung und damit eine Steuerung der Anrufenden vornimmt. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht und können uns nur dafür aussprechen, dass dies ausgeweitet wird", sagt der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz.
KV RLP-Eigeneinrichtung entlastet Notaufnahme
Eine strukturierte Ersteinschätzung kommt in Rheinland-Pfalz nicht nur im Patientenservice 116117, sondern auch in der Eigeneinrichtung der KV RLP, der Allgemeinmedizinischen Praxis am Campus (APC), zum Einsatz. "Unser Modellprojekt in den Räumen der Universitätsmedizin Mainz zeigt seit 2019 auf, wie die von Minister Lauterbach vorgesehenen Integrierten Notfallzentren (INZ) als sektorenübergreifende Behandlungsstruktur funktionieren könnten", bemerkt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV RLP, Dr. Andreas Bartels: "Durch die in der APC erfolgende Ersteinschätzung und Patientensteuerung erreichen wir eine deutliche Entlastung der dortigen Notaufnahme." Rund 70 Prozent der fußläufig die Notaufnahme ansteuernden Patientinnen und Patienten werden in der APC ambulant behandelt.
"Das Problem ist bisher allerdings die Finanzierung. Wir betreiben die APC defizitär. Wenn dieses Modell Schule machen und wie vom Bundesgesundheitsminister vorgeschlagen flächendeckend eingesetzt werden soll, braucht es eine andere, höhere Vergütung durch die Kassen. Mit der aktuellen Regelung ist eine solche Einrichtung auf Dauer nicht finanzierbar", macht Dr. Bartels deutlich.
Gleiches gelte für den Ausbau des Patientenservices 116117, zu dem auch die von Karl Lauterbach angesprochene Terminservicestelle gehört. "Ein Mehr an Personal in diesem Bereich bedeutet auch ein Mehr an Kosten. Es kann nicht sein, dass der Großteil über das Honorar unserer Mitglieder finanziert wird. Das ist nicht deren Aufgabe und wir können sie nicht noch mehr belasten", macht Vorstandsmitglied Peter Andreas Staub deutlich. Eine Finanzierung über die Kassen und/oder den Gesetzgeber sei unabdingbar.
Keine Doppelstrukturen aufbauen
Positiv kamen beim KV RLP-Vorstand die im Vergleich zu den Vorschlägen der Regierungskommission reduzierten Öffnungszeiten der INZ an. Zu begrüßen sei auch, dass man je nach Auslastung von den gesetzlich festgelegten Öffnungszeiten abweichen und sich somit am Bedarf orientiere könne. Generell müsse man jedoch die Personalknappheit im Auge behalten und Doppelstrukturen wie bei einem rund um die Uhr zur Verfügung stehenden Fahrdienst dringend vermeiden.
Sollte an allen 76 rheinland-pfälzischen Krankenhausstandorten mit Notaufnahmestruktur (Quelle: Statistisches Landesamt, Stand Januar 2023) ein INZ errichtet werden, bedeutet dies eine enorme Ausweitung der derzeit bestehenden Ärztlichen Bereitschaftspraxen. "Dies ist aufgrund des immer weiter zunehmenden Ärztemangels so nicht machbar", ist Dr. Heinz überzeugt.
Daher müssten sich die Partnerinnen und Partner im Erweiterten Landesausschuss entsprechend realisierbare Lösungen überlegen. "Sowohl die Ärztinnen und Ärzte als auch das Medizinische Fachpersonal sind ein rares Gut geworden. Die Belastungen in den Praxen sind nicht nur aufgrund der hohen Patientenzahl, sondern auch wegen überbordender Bürokratie und nicht wirklich funktionierenden digitalen Anwendungen enorm hoch. Es muss darauf geachtet werden, unseren Mitgliedern und ihren Praxisteams nicht noch mehr aufzubürden", fordert der Vorstandsvorsitzende und fasst zusammen: "Das Eckpunktepapier enthält einige gute Ansätze, die es nun zu konkretisieren und so anzupassen gilt, dass sie auch realisierbar sind. Die beiden größten Knackpunkte sind dabei die Finanzierung und die Ausstattung mit genügend qualifiziertem Personal", fasst Dr. Heinz zusammen.
*SmED: Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland
Nachtrag der Krankenhausgesellschaft (KGRP) Rheinland-Pfalz zur Pressemitteilung
Die KGRP äußert sich im Zusammenhang mit der Notfallversorgung in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern wie folgt:
Alle 88 Krankenhäuser bzw. deren Standorte nehmen im Rahmen ihres Versorgungsauftrages, der sich entweder aus dem Planbettenbescheid des Landes oder auch aus dem Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen ergibt, an der Notfallversorgung teil.
Von diesen 88 Krankenhäusern bzw. Standorten nehmen nach unserer Einschätzung 20 Krankenhäuser bzw. Standorte nicht am gestuften System der Notfallstrukturen gemäß der G-BA-Richtlinie teil, da sie nicht alle in der Richtlinie geforderten Kriterien und Vorgaben erfüllen.