Am vergangenen Mittwoch hat der Zulassungsausschuss einem weiteren Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) im Ahrtal eine Sonderbedarfszulassung erteilt. Damit kann das Therapieangebot ausgeweitet werden. Außerdem werden in Kürze zwei neue KJP in Mainz und eine in Ingelheim ihre Arbeit aufnehmen.
Nachdem der Zulassungsausschuss in der vergangenen Woche per Sonderbedarf fünf Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einem Umfang von 2,75 Versorgungsaufträgen sowie einer KJP mit einem Umfang von einem halben Versorgungsauftrag eine Zulassung erteilt hatte, erfolgte diese nun für einen weiteren KJP mit einem vollen Versorgungsauftrag. Er wird seine Praxis in Remagen im Kreis Ahrweiler eröffnen. "Es ist erfreulich, dass der Zulassungsausschuss erneut von dem Instrument des Sonderbedarfs Gebrauch gemacht hat", sagt Peter Andreas Staub, Vorstandsmitglied der KV RLP. Nach der Flutkatastrophe am 14. Juli 2021 ist der Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung in den betroffenen Regionen weiterhin enorm hoch.
Besondere Situation im Ahrtal
Ein Teil der im Ahrtal tätigen Psychotherapeutenschaft hatte sich mit einem Brief an die KV RLP, das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit und die rheinland-pfälzischen Krankenkassen gewandt und für weitere Sonderbedarfszulassungen stark gemacht. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Fast zwei Jahre danach stehen mehr Menschen denn je am Abgrund, eine zweite und dritte Welle von verzweifelten Hilferufen erreicht uns als niedergelassene Psychotherapeut*innen im Ahrtal. Täglich erreichen uns in jeder Praxis verzweifelte Hilferufe von Menschen, die alles verloren haben, die in der Flutnacht mit dem Leben davonkamen und nun, nach Monaten des Wiederaufbaus, der Stagnation und unzähligen Rückschlägen im Verwaltungs- und Bürokratiedschungel auch noch drohen, ihre Hoffnung und ihre Gesundheit zu verlieren."
Sonderbedarf als erster Schritt
Auch zahlreiche Kinder und Jugendliche sind betroffen. Die KV RLP begrüßt es daher ungemein, dass der unabhängig agierende Zulassungsausschuss einen weiteren Sitz im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie genehmigt hat. "Viele Kinder und Jugendliche haben mit den Auswirkungen der Coronapandemie zu kämpfen. Im Ahrtal ist in dieser ohnehin schon schwierigen Situation noch die Flutkatastrophe hinzugekommen. Es ist überaus wichtig, den Kindern und Jugendlichen nun professionelle Hilfe zukommen zu lassen", betont Psychotherapeut Staub. Bei vielen erwachsenen Menschen im Ahrtal werde gerade deutlich, dass Traumata aus der Kindheit nicht verarbeitet, sondern verdrängt worden seien und durch die Flut wieder nach oben kämen. "Um das bei den aktuell betroffenen Kindern und Jugendlichen zu vermeiden, ist hier eine direkte Unterstützung nötig."
Wichtig sei dabei, dass der Zulassungsausschuss in naher Zukunft weitere Sitze sowohl für Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche genehmige, so Peter Andreas Staub. Die Sonderbedarfszulassungen seien ein erster wertvoller Schritt. Die KV RLP spricht sich aber für eine generelle Reformierung der Bedarfsplanung in der jetzigen Form aus. "Sie muss flexibler gestaltet werden und sich an den tatsächlichen Versorgungsbedarfen orientieren", fordert er.
Zusätzliche Sitze in Mainz und Ingelheim
Neben einem Antrag für das Ahrtal lagen dem Zulassungsausschuss vier Anträge von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen aus Mainz und Ingelheim vor. Auch diese genehmigte das Gremium per Sonderbedarf. In Mainz wurden zwei volle Versorgungsaufträge, in Ingelheim ein halber Versorgungsauftrag bewilligt. "Ereignisse wie die Pandemie und der Ukraine-Krieg haben besonders große Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche und treiben den ohnehin schon hohen Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung weiter in die Höhe", weiß KV RLP-Vorstandsmitglied Staub. Gerade die KJP in der Stadt Mainz hätten ein sehr großes Einzugsgebiet und daher enorm viele Anfragen. Da der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint, durfte auch dort das Instrument der Sonderbedarfszulassung in einem eigentlich gesperrten Gebiet angewendet werden.