Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Änderungen in der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) beschlossen, die die Versorgung mit medizinischem Cannabis bei schweren Erkrankungen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) regeln. Hierfür wurde in der AM-RL der § 4a sowie der Abschnitt N mit den § 44 und 45 zu Cannabisarzneimitteln und deren Verordnungsfähigkeit gemäß § 31 Absatz 6 Satz 9 SGB V neu eingefügt. Im ursprünglichen Beschlussentwurf waren bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens noch verschiedene Punkte strittig. Durch die nun beschlossenen Regelungen werden laut Pressemeldung des G-BA keine zusätzlichen Anforderungen an die Verordnung von medizinischem Cannabis gestellt, die über die gesetzlich zwingenden Verordnungsvoraussetzungen hinausgehen.
Durch den Beschluss haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung gemäß §4a der AM-RL nun Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon (Cannabisarzneimittel). Zu den Verordnungsvoraussetzungen und dem Genehmigungsvorbehalt ist den § 44 und 45 der AM-RL unter anderem Folgendes zu entnehmen:
- Vor der ersten Verordnung von Cannabis ist eine Genehmigung der Krankenkasse einzuholen. Hierfür ist eine begründete Einschätzung des verordneten Arztes oder der verordnenden Ärztin notwendig. Die Krankenkasse entscheidet zügig über den Antrag (spätestens drei Wochen nach Antragseingang bzw. fünf Wochen bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes). Sie darf die Versorgung nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen.
- Vor einer Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten ist zu prüfen, ob andere cannabishaltige Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind. Die Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten ist besonders zu begründen.
- Eine erneute Genehmigung ist nicht notwendig bei Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder beim Wechsel auf andere getrocknete Blüten oder auf andere Extrakte in standardisierter Form. In allen anderen Fällen muss der Wechsel des Cannabisarzneimittels erneut genehmigt werden.
- Der Anspruch auf eine genehmigte Cannabistherapie besteht auch bei Verordnung von Cannabis durch eine andere oder einen anderen als die erstverordnende Ärztin oder den erstverordnenden Arzt. Die KV RLP empfiehlt, die erteilte Genehmigung der erstverordnenden Ärztin oder des erstverordnenden Arztes als Kopie in der Patientenakte zu hinterlegen.
- Für Verordnungen von Cannabis im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAAPV) und für Anschlussverordnungen für eine während einer stationären Behandlung begonnenen Cannabistherapie gilt ebenfalls der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse. Die Prüffrist der Krankenkasse beträgt in diesen Fällen aber nur drei Tage.
- Cannabisverordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung.
- Die Therapie mit Cannabisarzneimitteln ist durch die verordnende Ärztin oder den verordnenden Arzt in den ersten drei Monate nach Beginn der Behandlung engmaschig und anschließend in regelmäßigen Abständen zu beurteilen. Die entsprechende Dokumentation erfolgt in der Patientenakte.
- Alle Ärzte sind zur Verordnung von medizinischem Cannabis gemäß den gesetzlichen Regelungen berechtigt – es gibt keinen Facharztvorbehalt.
- Wurde vor Inkrafttreten dieses Beschlusses bereits eine Genehmigung für eine Cannabistherapie erteilt, so ist diese weiterhin gültig.
Der Beschluss ist seit dem 30.06.2023 in Kraft.