Darum geht es
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) – und damit auch die KV RLP – haben die bundesweit einheitliche Bereitschaftsdienstnummer 116117 eingeführt. Zuvor gab es überall in Deutschland, so auch in Rheinland-Pfalz, regionale Bereitschaftsdienstnummern, die sich teilweise häufig änderten.
Die kostenfreie Telefonnummer 116117 ist rund um die Uhr für Anrufende mit akuten, nicht lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beschwerden erreichbar. Über die 116117 kann nur dann eine ambulante medizinische Versorgung in Anspruch genommen werden, wenn die Haus- und Facharztpraxen geschlossen haben.
Die 116117 ist nicht zu verwechseln mit der Notrufnummer 112 des Rettungsdienstes, die nur bei lebensbedrohlichen Erkrankungen wie zum Beispiel einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gewählt werden soll. Seit der gesetzlich verpflichtenden Inbetriebnahme der 116117 durch die KVen im Januar 2020 wurden bereits über 1 Million Anrufe angenommen.
Patientenservice 116117
... und eine Ärztliche Bereitschaftspraxis nicht direkt aufsuchen
Wenn die Arztpraxis geschlossen hat, sollten Personen mit akuten, nicht lebensbedrohlichen gesundheitlichen Problemen immer zuerst den Patientenservice 116117 anrufen. Dieser ist für Patient*innen sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag erreichbar.
Die Software, mit der der Patientenservice 116117 arbeitet, ist das Medizinprodukt “Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland (SmED)”. SmED stellt keine Diagnose, sondern schätzt vor allem die Dringlichkeit einer Behandlung und die Versorgungsebene ein. Über den Patientenservice 116117 erhalten die Hilfesuchenden durch medizinisch qualifiziertes Personal mit Unterstützung des Medizinproduktes SmED eine medizinisch qualifizierte Ersteinschätzung und werden in die für die Behandlung ihrer Beschwerden geeignete Versorgungsebene gesteuert. Das kann zu den regulären Öffnungszeiten eine Haus- oder Facharztpraxis sein.
Außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten wird die Patientin oder der Patient durch den Patientenservice 116117 bei Bedarf in einer Ärztlichen Bereitschaftspraxis (ÄBP) angemeldet oder an den Hausbesuchsdienst vermittelt. Bei Bedarf wird an eine Notfallambulanz eines Krankenhauses verwiesen oder der Rettungsdienst alarmiert. In den Fällen übergibt der Patientenservice 116117 den Fall direkt an die 112.
Über die 116117 ist auch der Terminservice der KV RLP erreichbar, der in vielen Fällen Termine bei ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen vermitteln kann. Voraussetzung ist, dass der Terminservicestelle (TSS) entsprechende Termine zur Vermittlung gemeldet wurden.
Ergänzend zum telefonischen Service gibt es das Online-Angebot des Patientenservices 116117. Hier finden Patient*innen neben der nächstgelegenen Ärztlichen Bereitschaftspraxis auch Gesundheitsinformationen, beispielsweise zu Impfungen, Gesundheitsuntersuchungen oder Psychotherapie.
Über das sogenannte Patienten-Navi erhalten sie eine kompetente Einschätzung, wie dringend ihr medizinisches Problem wirklich ist. Das Patienten-Navi ist ein Angebot, das dabei hilft, Patient*innen das beste Vorgehen für ihr jeweiliges gesundheitliches Problem zu empfehlen.
Das kann beispielsweise eine Behandlung im Krankenhaus, in einer Ärztlichen Bereitschaftspraxis oder in einer ärztlichen Praxis zu den regulären Sprechzeiten sein. Die fachliche Einschätzung erfolgt mithilfe der Medizin-Software “Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland (SmED)”. Sie ermöglicht die systematisierte Erfassung der Symptome für die Auswahl der passenden Versorgungsebene.
Neben der Arzt- und Psychotherapeutensuche sind auch freie Termine bei Ärztinnen bzw. Ärzten oder Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten buchbar.
Für Smartphone-Nutzende steht eine App zur Rufnummer 116117 zur Verfügung. Die 116117-App bietet folgende Nutzungsmöglichkeiten:
- Arzt- und Psychotherapeutensuche: Suche nach ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen sowie Ärztlichen Bereitschaftspraxen für die dringende Versorgung auch außerhalb von Praxis-Sprechzeiten
- detaillierte Praxis-Informationen
- Karten- und Listendarstellung sowie Routenplanung
- Buchung und Verwaltung von Arztterminen
Video: SmED – Das Patienten-Navi bei der 116117
Über die 116117 erreichen Patient*innen rund um die Uhr medizinisch geschultes Personal, das sie in die passende Versorgungsebene steuert. Bei akuten gesundheitlichen Problemen erfolgt durch medizinisch qualifiziertes Personal mit Unterstützung des zertifizierten Medizinprodukts "Strukturierte medizinische Ersteinschätzung für Deutschland" (SmED) eine qualifizierte Ersteinschätzung der Beschwerden.
Die Software fungiert dabei als eine Gedächtnisstütze für das medizinische Fachpersonal, mit digitalen Fragebögen, direkter Auswertung und entsprechenden Handlungsvorschlägen. So lassen sich Symptome, Krankheitsbilder, Vorerkrankungen und Risikofaktoren systematisch abfragen, um am Ende einschätzen zu können, wie dringlich die Behandlung ist und wo die Patientin bzw. der Patient am besten aufgehoben ist.
Zunächst werden in dem System Patientendaten abgefragt wie Geschlecht und Alter, chronische Krankheiten, Vorerkrankungen und Medikation, Leitsymptome und Begleitbeschwerden. Die Software unterstützt die strukturierte Abfrage, die durch geschulte Fachkräfte mit medizinischem Hintergrund umgesetzt wird.
Je nach Ergebnis der Ersteinschätzung steuern die Mitarbeitenden die Anrufenden in die passende Versorgungsebene:
- mit der Empfehlung, die Notaufnahme eines Krankenhauses aufzusuchen,
- an eine Ärztliche Bereitschaftspraxis oder den Hausbesuchsdienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes
- es wird ggf. empfohlen, eine niedergelassene Praxis zu deren Öffnungszeiten zu besuchen.
Sollte sich allerdings bei einem Anruf herausstellen, dass ein Notfall vorliegt, geben die Mitarbeitenden des Patientenservice 116117 den Fall umgehend an die Rettungsleitstelle ab.
Die Dokumentation und die Übergabe an behandelnde Ärzt*innen in der Praxis oder dem Krankenhaus unterscheiden SmED vom reinen Triage-System. Im Fokus solcher etablierten Systeme steht lediglich die Dringlichkeit der Behandlung. SmED geht mit konkreten Handlungsempfehlungen für die Patient*innen, insbesondere einer Empfehlung der notwendigen Versorgungsebene und der Beschwerdedokumentation, einen Schritt weiter.
SmED wird fortlaufend evaluiert und weiterentwickelt. Die Entwicklung der Software wird inhaltlich von einem multidisziplinären wissenschaftlichen Beirat begleitet.
Die drei häufigsten Beschwerden in Rheinland-Pfalz im Zeitraum 1. Januar bis 1. Oktober 2023 waren Atemwegserkrankungen (3,8 Prozent), Harnwegsinfektionen (2,7 Prozent) und Entzündung der Mandeln (2,6 Prozent). Bezüglich der Dringlichkeit wurden vergangenes Jahr rund 26 Prozent der Anrufenden, die über SmED eingeschätzt wurden, eine schnellstmögliche ärztliche Behandlung empfohlen und knapp 47 Prozent eine Behandlung innerhalb von 24 Stunden.
Neben den Ärztlichen Bereitschaftspraxen und der kostenfreien Rufnummer 116117 ist der Hausbesuchsdienst die dritte wichtige Säule in der Versorgung im Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Hausbesuchsteams, bestehend aus einer Ärztin bzw. einem Arzt und einer Fahrerin bzw. einem Fahrer, werden durch den Patientenservice 116117 disponiert.
Wird durch die Ersteinschätzung die Notwendigkeit eines Hausbesuchs festgestellt, erfolgt der Auftrag an das verfügbare Hausbesuchsteam, das entweder in der Nähe der Patientin oder des Patienten stationiert ist oder sich aktuell am nächsten bei der Patientin bzw. dem Patienten aufhält. Da der Patientenservice alle aktuellen Standorte der Hausbesuchsteams kennt, ist eine fahrzeitoptimierte Disponierung der Hausbesuche möglich. Eine feste Zuteilung der Hausbesuchsteams zu einzelnen Regionen existiert nicht.
Da der Patientenservice 116117 die Hausbesuche steuert, können die Fahrzeiten optimal aufeinander abgestimmt werden.
Seit dem 1. Januar 2024 können – wenn die Ärztlichen Bereitschaftspraxen geschlossen sind – auch mobile Patient*innen den Hausbesuchsdienst bei Bedarf in Anspruch nehmen. Dafür sind im Land Rheinland-Pfalz bis zu 30 Fahrdienste im Einsatz.
Video: Bereitschaftsdienst kommt nach Hause | Bessere Steuerung der ambulanten Versorgung
Patient*innen können 24 Stunden täglich über den elektronischen Terminservice (116117 Terminservice) ihren Termin bei einer ärztlichen oder psychotherapeutischen Praxis buchen. Praxen bieten dort freie Termine an und erhalten Informationen über gebuchte Termine. Patient*innen benötigen für die Terminvermittlung einen Dringlichkeitscode auf ihrer Überweisung. Ausnahmen gelten für folgende Fachgebiete:
- Allgemeinmedizin sowie Kinder- und Jugendmedizin
- Augenheilkunde
- Gynäkologie
- Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde
Im Patientenservice 116117 stehen zu den unten genannten Kernzeiten auch Mitarbeitende zur Verfügung, die für Anrufende nachschauen, ob der benötigte Termin von einer Arztpraxis dem Terminservice zur Vermittlung zur Verfügung gestellt wurde. Die Buchung des Termins kann dann direkt durch den Patientenservice erfolgen.
Im Hinblick auf die Vermittlung an eine psychotherapeutische Praxis gilt nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz folgende Regelung: Die Wartezeit auf den vermittelten Behandlungstermin – psychotherapeutische Sprechstunde sowie probatorische Sitzung – darf vier Wochen (35 Tage), beginnend ab dem folgenden Kalendertag, nicht überschreiten. Bei einer psychotherapeutischen Akutbehandlung beträgt die maximale Wartezeit bis zum Stattfinden des Termins 14 Tage.
Für den Terminservice der KV RLP gelten hinsichtlich der Erreichbarkeit folgende Kernzeiten:
- MO – DO | 9 – 16 Uhr
- FR | 9 – 13 Uhr
Wie auch in Arztpraxen müssen Anrufende bei der 116117, gerade zu den besonders stark frequentierten Zeiten, Wartezeiten einkalkulieren. Am besten erreichbar ist die 1161117 zwischen 14 Uhr Nachmittag und 8 Uhr früh.
Wartezeiten zu starkfrequentierten Zeiten werden infolge des Weiteren Personalaufbaus im Patientenservice 116117 zwar geringer, aber auch zukünftig nicht gänzlich zu vermeiden sein.
Für lebensbedrohliche Gesundheitsbeschwerden und immer dann, wenn ohne unverzügliche Behandlung bleibende gesundheitliche Schäden zu erwarten sind, ist der Rettungsdienst unter der Notrufnummer 112 zu alarmieren. Das heißt zum Beispiel beim Verdacht auf einen Herzinfarkt, bei einem Schlaganfall oder anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen.
Identifiziert eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter der 116117 einen Notfall, übergibt sie bzw. er diesen direkt weiter an den Rettungsdienst. Hier gibt es einen standardisierten und mit den Rettungsleitstellen abgestimmten Prozess.
Video: 112 oder 116117 – für jeden Fall die richtige Nummer
Video: 116117 bundesweit – und nur im Notfall 112
Ärztlicher Bereitschaftsdienst (ÄBD)
Themenseite
- Überblick, Änderungen seit 2024 und Antworten auf häufige Fragen
Pressemitteilungen
- Zwangsverpflichtung zu Diensten immer noch nötig | 29. Januar 2024
- Ärztliche Bereitschaftspraxen: Versorgung ab 1. Januar wird verbessert | 1. Dezember 2023
- Aussagen aus Gesundheitsministerium verkennen Praxisalltag | 19. November 2023
- BSG-Urteil schränkt Ärztlichen Bereitschaftsdienst ein | 16. November 2023
Der ÄBD kümmert sich als Teil des Patientenservice 116117 rund um die Uhr um die Behandlung von akuten Gesundheitsbeschwerden, die zwar nicht lebensbedrohlich sind und bei denen ohne sofortige Behandlung auch keine bleibenden gesundheitlichen Schäden zu erwarten sind, deren Behandlung aber trotzdem nicht bis zu denregulären Sprechzeiten der Praxen warten kann.
43 Prozent der Anrufenden beim Patientenservice 116117 im Jahr 2023 betrafen den ÄBD. Diese Anfragen beziehen sich zum Beispiel auf die Vermittlung von Hausbesuchen, Termine in den ÄBP oder telefonische Beratungen.
Im rheinland-pfälzischen Landesrettungsdienstplan ist eindeutig geregelt, wofür der ÄBD im Vergleich zum Rettungsdienst zuständig ist:
- Der Ärztliche Bereitschaftsdienst dient außerhalb von regulären Öffnungszeiten hausärztlicher Praxen ausschließlich der Versorgung solcher Patient*innen, die während der Öffnungszeiten die Hausärztin oder den Hausarzt aufgesucht hätten.
- In Abgrenzung zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst dient der Rettungsdienst dagegen der Versorgung von Patient*innen, die unmittelbar lebensbedrohlich erkrankt oder verletzt sind oder bei denen ohne unverzügliche Therapie die Gefahr bleibender Schäden besteht.
Erreichbar ist der Ärztliche Bereitschaftsdienst über die einheitliche Nummer 116117. Nach einer medizinischen Ersteinschätzung durch geschultes Fachpersonal wird je nach Schwere der geschilderten Symptome
- der Rettungsdienst alarmiert oder
- es erfolgt eine Anmeldung in einer besetzten Ärztlichen Bereitschaftspraxis oder
- der Hausbesuchsdienst wird beauftragt, einen Hausbesuch durchzuführen, oder
- es wird an niedergelassene Haus- oder Fachärztinnen bzw. -ärzte zu deren Öffnungszeiten verwiesen.
- In Zweifelsfällen erfolgt ein Rückruf einer Ärztin oder eines Arztes, um über die richtige Versorgungsebene zu entscheiden.
Landesrettungsdienstplan für Rheinland-Pfalz
Die im Hausbesuchsdienst eingeteilten Ärzt*innen sollen Hausbesuche in medizinisch notwendigen Fällen zu sprechstundenfreien Zeiten durchführen, soweit es sich um einen Bereitschaftsdienstfall handelt. Der Hausbesuchsdienst ist in Rheinland-Pfalz überregional unterwegs, das heißt über die Grenzen der Bereitschaftsdienstbereiche hinweg.
Die Vergütung der Behandlungen im ÄBD (rund 30 Euro je Patient*in) durch die gesetzlichen Krankenkassen sowie deren Zuschüsse (für 2023: rund 6,2 Millionen Euro) reichen nur etwa zur Hälfte zu dessen Finanzierung aus. Die erwirtschafteten Honorare steigen zwar wieder, erreichen jedoch nicht mehr das Niveau in der Zeit vor der COVID-19-Pandemie.
Mit dem Ausgleich des jährlich entstehenden finanziellen Defizits müssen die Vertragsärzt*innen in Rheinland-Pfalz belastet werden (Stand Januar 2024: 340 Euro pro Monat je Vertragsärzt*in). Der Gesamtzuschuss der Ärzteschaft über die Umlage betrug im Jahr 2023 knapp 17,4 Millionen Euro. Das Defizit im ÄBD hat sich laut dem Jahresabschluss allein zwischen 2021 und 2022 von rund 1,7 auf rund 3 Millionen Euro erhöht.
In Rheinland-Pfalz gilt seit 2017 offiziell die Bezeichnung "Ärztliche Bereitschaftspraxis" – anstelle des eher unpassenden Begriffs "Bereitschaftsdienstzentrale". Denn: Bei einer Ärztlichen Bereitschaftspraxis handelt es sich nicht um eine Zentrale zum Beispiel einer Großorganisation, sondern um eine ärztliche Praxis im eigentlichen Sinn.
Ärztliche Bereitschaftspraxen sind in Rheinland-Pfalz eine der drei Säulen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes neben dem Hausbesuchsdienst und dem Patientenservice 116117.
Insgesamt gibt es 36 Ärztliche Bereitschaftspraxen (ÄBP) in Rheinland-Pfalz (Stand Januar 2024). Die Öffnungsstunden pro ÄBP liegen bei durchschnittlich 32 Wochenstunden.
Die KV RLP betreibt seit dem Frühjahr 2019 in Räumlichkeiten der Universitätsmedizin Mainz direkt vor der konservativen Notaufnahme die Allgemeinmedizinische Praxis am Campus (APC).
In der Vergangenheit war die konservative Notaufnahme chronisch überlastet. Erfahrungsgemäß suchen viele Patient*innen die konservative Notaufnahme auch tagsüber während der Sprechstundenzeiten der Vertragsärzt*innen auf, obwohl deren Beschwerden in den meisten Fällen keine Notfälle und für deren Behandlung die Arztpraxen zuständig sind.
Wichtigste Ziele der APC sind, Patient*innen mit nicht schwerwiegenden Krankheitsbildern bedarfsgerecht in den ambulanten Sektor zu steuern und damit die Notaufnahme der Universitätsmedizin Mainz für echte Notfälle zu entlasten, außerdem eine bedarfsgerechte Patientensteuerung zu erproben und SmED in der Praxis zu testen. Dadurch verkürzen sich die Wartezeiten und die Patientenzufriedenheit erhöht sich. Auch in der APC kommt die Ersteinschätzungssoftware SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) zum Einsatz.
SmED bietet als strukturiertes medizinisches Ersteinschätzungsverfahren eine hohe Patientensicherheit, indem abwendbare gefährliche Verläufe sicher identifiziert werden. Durch die strukturierte Abfrage und Dokumentation wird Handlungssicherheit geschaffen.
Aus Sicht der Universitätsmedizin Mainz und der KV RLP funktioniert das bisherige Zusammenspiel der Ärztinnen bzw. Ärzte der APC und der Notaufnahme sehr gut. Die Patient*innen fühlen sich dort medizinisch bestens versorgt.
Der Hauptteil der Menschen in der APC wird ambulant versorgt, was zu einer spürbaren Entlastung der Notaufnahme des Krankenhauses führt. Ca. 70 Prozent der fußläufig die Notaufnahme ansteuernden Patient*innen werden durch die Mitarbeitenden der APC ambulant behandelt. Bei entsprechender medizinischer Erforderlichkeit erfolgt eine Weiterleitung in die Notaufnahme des Krankenhauses.
Die geringere Fehlbeanspruchung der Notaufnahme spiegelt sich auch im Verlauf des Bestehens der APC zahlenmäßig wider. Musste 2019 noch rund ein Drittel der APC-Patient*innen in den stationären Notaufnahmebereich eingewiesen werden, ist es aktuell noch rund ein Viertel. Zum Ausgleich der Defizite leisten die Krankenkassen aufgrund von Nachverhandlungen einen höheren finanziellen Beitrag. Um dieses Projekt aufrechtzuerhalten oder sogar flächendeckend einzuführen, bedarf es einer Finanzierung aus anderen Mitteln wie der gesetzlichen Krankenversicherung oder aus Steuermitteln.
Video: APC
Let’s talk about Wartezeiten
Bekannt als Wahrzeichen des untergegangenen Sozialismus mit seiner Planwirtschaft halten in vielen unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche Wartezeiten als unschöne Belästigungen für die Bürgerinnen und Bürger Einzug.
Die Erklärung seit gut zwei Jahren: Lieferschwierigkeiten aufgrund der Pandemie. Hinzu kommen seit Langem prophezeite demografische Veränderungen: Es fehlen schlicht immer mehr Fachkräfte. Ganz schmerzlich werden die Wartezeiten im Gesundheitssektor, wenn etwa auf Facharzttermine monatelang gewartet werden muss. Oder wenn Kinderarztpraxen in der RSV-Infektionswelle überlaufen und sogar für Fiebersäfte Wartefristen existieren. Oder wenn bei Hausärztinnen und Hausärzten die wartenden Patientinnen und Patienten in langen Schlangen im Treppenhaus bis auf die Straße anstehen.
Diese Entwicklung ist schleichend gekommen, aber bislang wird sie kaum wahrgenommen bzw. es wird kaum wirksam darauf reagiert. Zum Aufregerthema hat sich jedoch aktuell entwickelt, dass in den Feiertagszeiten und zwischen den Jahren in den Ärztlichen Bereitschaftspraxen der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) ähnliche Situationen entstanden sind und Menschen Wartezeiten aushalten mussten. Wohlgemerkt: Sie alle wurden behandelt, nur mit Wartezeiten – nicht wie aktuell in Großbritannien mit Streiks im staatlichen nationalen Gesundheitswesen. Für die Wartezeiten in den Ärztlichen Bereitschaftspraxen meint man, den Schuldigen gefunden zu haben, und schiebt die Situation auf Organisationsfehler der KV RLP. Die Frage dahinter sollte aber sein: Warum gibt es diese Wartezeiten – und das nicht nur im Ärztlichen Bereitschaftsdienst, sondern auch immer mehr in Fach- und Hausarztpraxen sowie im psychotherapeutischen Bereich?
Wartezeiten sind Ausdruck von Planwirtschaft und Mangelverwaltung. Ein gefragtes Gut ist gegenüber der Nachfrage zu wenig vorhanden. Das gefragte Gut sind Behandlungszeiten durch Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Diese Behandlungszeiten werden immer weniger. In Zeiten der sogenannten Ärzteschwemme mit freien Niederlassungsmöglichkeiten und 100-prozentiger Vergütung der erbrachten Gesundheitsleistungen waren diese Behandlungszeiten in rauen Mengen für alle vorhanden. Ohne Warten. Das hat eine Menge Geld gekostet. Die Gesellschaft war sich einig, dass man sich diesen Luxus der Gesundheitsversorgung mit freier Fahrt für alle Bürgerinnen und Bürger hat leisten wollen.
Wie eine Art Kreditkarte ist die Gesundheitskarte der Türöffner für alle selbst gewählten Termine bei jeder Ärztin und jedem Arzt ohne Limit nach oben. Das stieß mit der Zeit natürlich an wirtschaftliche Grenzen. Und nun setzte beim Bundesgesetzgeber ein planwirtschaftlicher Eingriff auf der Leistungsseite ein: Ärzteausbildung wurde gedrosselt, 10.000 Medizinstudienplätze wurden gestrichen. Eine sogenannte Bedarfsplanung wurde eingeführt, um die Praxenvielfalt und freie Niederlassungen zu unterbinden. Schließlich wurde das Honorar für die Behandlungszeiten massiv gedeckelt und budgetiert. Und ganz wichtig: Jede Ärztin und jeder Arzt, die bzw. der zu viel arbeitet, wurde und wird bestraft und mit Regressen bedroht. Und nein: Die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger wurde und wird mit keiner Maßnahme eingeschränkt.
Vor der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin läuft seit Jahren ein elektronischer Zähler rückwärts, die "Arztzeituhr": Sie macht auf die stetige Reduzierung von ärztlicher Behandlungszeit aufmerksam. Denn die demografische Veränderung der Gesellschaft macht auch vor der Ärzteschaft nicht halt: Immer mehr Praxen, die wegen Alter aufgegeben werden, finden keine Nachfolge. Gleichzeitig überzieht man die Praxen in den vergangenen Jahren mit einem kräfte- und nervenaufreibenden Digitalisierungsdruck, der auch die letzten Aufrechten zermürbt hat.
Und dann die Pandemie und die nachfolgenden Impfaktionen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte: 90 Prozent der an Covid-19 Erkrankten und 90 Prozent der Geimpften wurden in einer ambulanten Praxis behandelt. Das hat die Medizinerinnen und Mediziner und ihre Praxisteams schließlich an den Rand ihrer Belastungsgrenze gebracht. Den Gipfel leistete sich die Bundespolitik im Verbund mit den Krankenkassen mit einer Salve von Honorarohrfeigen in diesen Zeiten der Inflation und Energiekostenexplosionen: zwei Prozent mehr Honorar bei acht Prozent Inflation für das Jahr 2023. Mit all dem vergrault man auch noch die älteren Ärztinnen und Ärzte, die gerne ein bisschen länger hätten arbeiten wollen.
Es ist verständlich, dass sich viele Ärztinnen und Ärzte über die Feiertage und zwischen den Jahren eine Ruhepause für sich und ihre Medizinischen Fachangestellten gegönnt haben. Die Behandlungszeiten werden immer rarer und die KV RLP verwaltet diesen MANGEL. Nicht, dass die KV RLP erst im Herbst mit der Aktion "WIR SEHEN SCHWARZ – für die Zukunft unserer Praxen." auf die Misere der ambulanten Medizin hingewiesen hätte. Denn auch sie kann nur Behandlungszeiten in Ärztlichen Bereitschaftspraxen anbieten und auf diejenigen Ärzt*innen mit medizinischem Fachpersonal zurückgreifen, die vorhanden sind und Dienste erbringen wollen. Auch sie kann sich mit den knappen Honorarmitteln, weil durch die Ärzt*innen finanziert, nur Ärztliche Bereitschaftspraxen im Unterhalt leisten, die für wenige dringliche Behandlungen außerhalb der regulären Sprechzeiten der Arztpraxen anfallen.
Aus all diesen Punkten resultieren die ungeliebten und aktuell viel beachteten Wartezeiten. Somit sind wir zur Grundfrage des Anfangs zurückgekommen: Warum gibt es diese Wartezeiten? Sie sind das Zeichen eines Mangels.
Peter Andreas Staub, Psychotherapeut und Mitglied des Vorstands der KV RLP, im Januar 2023
Forderungen
Der Ärztliche Bereitschaftsdienst darf nicht länger durch die Vertragsärztinnen und -ärzte mitfinanziert und vor allem dürfen die Defizite durch diese nicht aufgestockt werden. Vertragsärztliche Leistungen, die auch die Leistungen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes umfassen, müssen komplett aus anderen Mitteln finanziert werden, zum Beispiel aus der gesetzlichen Krankenversicherung oder aus Steuermitteln.
Die Politik muss für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst eine auch rückwirkend geltende Ausnahmeregelung schaffen, welche die Poolärzt*innen und angestellten Ärzt*innen im vertragsärztlichen System nicht in die Sozialversicherungspflicht zwingt. Das ist zwingend notwendig, um
- weiterhin die ambulante Versorgung auf dem bestehenden Niveau sicherzustellen.
- die Niederlassung für den ärztlichen Nachwuchs attraktiv zu halten.
- die Arbeitsbelastung der Ärzteschaft und des Praxispersonals nicht noch weiter zu strapazieren.
- die Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge der letzten Jahre nicht stemmen zu müssen.
Für Ärzt*innen im Rettungsdienst gilt eine solche Ausnahmenregelung bereits.
Angesichts der erheblich gestiegenen Mehrkosten muss der Ärztliche Bereitschaftsdienst künftig aus Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung oder aus Steuereinnahmen finanziert werden.
Schon seit Langem fordert die KV RLP eine sozial abzufedernde prozentuale Selbstbeteiligung auf alle GKV-finanzierten Gesundheitsleistungen zur langfristigen Finanzierung des Gesundheitssystems.
Damit in den Notaufnahmen der Krankenhäuser "echte" Notfälle schnell versorgt werden können, kommt es darauf an, dass diese nicht absichtlich oder aus Unwissenheit für die Behandlung von leichteren Gesundheitsbeschwerden missbraucht werden. Die KV RLP erachtet daher für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst eine fest definierte Notfallgebühr von 20 Euro pro Besuch für sinnvoll. Die Gebühr betrifft sowohl die Inanspruchnahme des Not- und Rettungsdienstes als auch die Notaufnahmen in den Kliniken. Ziel ist, die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten und die Patient*innen in die für sie geeignete Versorgungsebene zu steuern.
Die KV RLP betrachtet es als Aufgabe aller gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure, insbesondere auch der Trägerinnen und Träger des Not- und Rettungsdienstes als direkt Betroffene, Patient*innen darüber zu informieren, dass für nicht lebensgefährliche Gesundheitsbeschwerden und solche, bei denen ohne unverzügliche Behandlung keine gesundheitlichen Folgeschäden zu befürchten sind, die 116117 bzw. der Ärztliche Bereitschaftsdienst außerhalb der Sprechstundenzeiten zuständig sind.
Viele Patient*innen – auch solche mit Migrationshintergrund – kennen die Versorgungsstruktur des deutschen Gesundheitssystems nicht. Vor diesem Hintergrund sind die Politik und die Krankenkassen gefordert, eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zu starten, um diese Patientengruppe über die Nutzung der verschiedenen Einrichtungen im Gesundheitswesen aufzuklären.
Regionale Besonderheiten und etablierte, funktionierende Strukturen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst müssen erhalten bleiben. Hingegen sind Doppel- und Parallelstrukturen zum vorhandenen ambulanten Versorgungsangebot zu vermeiden. Die niedergelassene Ärzteschaft arbeitet schon jetzt an der Belastungsgrenze und darüber hinaus, um die Regelversorgung sicherzustellen.
Die geplante Reform zur Notfallversorgung sieht eine bedarfsgerechte Steuerung über Integrierte Notfallzentren vor. Ohne Einbezug der Perspektive sowie Kompetenz der niedergelassenen Ärzteschaft kann eine Reform der Notfallversorgung nicht gelingen.
Die niedergelassenen Ärzt*innen müssen auch im Ärztlichen Bereitschaftsdienst von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Ein Vorschlag: Arbeitgebende sollen erst nach dem dritten Werktag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von ihren Mitarbeitenden verlangen dürfen. Das könnte die Situation gerade an Feiertagen künftig entzerren. Aktuell wird das nicht einheitlich gehandhabt.
Notwendig ist eine Entbudgetierung auch im Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Aktuell werden die dort erbrachten Leistungen aus dem budgetierten Anteil der Gesamtvergütung, der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, gezahlt bzw. dieser vorab entnommen.