Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte stehen auch in Rheinland-Pfalz unter einem enormen Kostendruck. Steigende Praxis-, Personal- und Investitionskosten lassen die Ausgaben massiv in die Höhe schnellen und machen den Betrieb einer Praxis immer unrentabler. Angesichts der Inflationsrate von aktuell mehr als sechs Prozent fordert der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) die politisch Verantwortlichen nochmals nachdrücklich zum Handeln auf, um negative Folgen für die ambulante Versorgung abzuwenden.
Die wirtschaftliche Situation der Praxen ist ernst, macht der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz, vor dem Hintergrund der inflationären Entwicklung deutlich. Eine ausreichende Gegenfinanzierung sei wegen der gedeckelten Arzthonorare kaum noch möglich. Im März dieses Jahres hatte sich die KV RLP zusammen mit 33 rheinland-pfälzischen Berufsverbänden in einem Offenen Brief an die Landesregierung gewandt und einen Inflationskostenausgleich gefordert. Das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit habe in seiner Antwort lediglich auf den auf Bundesebene angebotenen Härtefallfonds verwiesen, dessen Kriterien aber kaum eine Betriebsstätte erfüllen würde. "Die Praxen können die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssen sie aus der eigenen Tasche bezahlen. Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander", beschreibt Dr. Heinz das ökonomische Dilemma.
"Die Stimmung bei Ärztinnen und Ärzten sowie beim Praxispersonal ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Für junge Medizinerinnen und Mediziner wird die ambulante Versorgung zunehmend unattraktiver. Medizinische Fachangestellte (MFA) verlassen die Praxen in Richtung Krankenhäuser, weil sie dort besser verdienen", ergänzt der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Andreas Bartels. Auf der anderen Seite werden Praxisinhaberinnen und -inhaber vor dem Hintergrund der inflationären Entwicklung mit entsprechend höheren Lohnforderungen von den Gewerkschaften der ärztlichen Angestellten oder der MFA konfrontiert. In rheinland-pfälzischen Praxen bildet der Bereich Personal mit 58 Prozent den mit Abstand größten Kostenblock, wie das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung ermittelt hat. "Das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen müssen jetzt dringend handeln, da sonst eine flächendeckende ambulante Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann", fordert Dr. Bartels im Namen des KV RLP-Vorstands.
Gehaltssteigerungen: Ungleichgewicht zwischen ambulantem und stationärem Sektor
In den im August anstehenden Finanzierungsverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Krankenkassen müsse daher eine deutliche Steigerung des Orientierungswerts und damit der Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen erzielt werden. Aus Sicht des Vorstands der KV RLP muss Schluss sein mit den "ritualisierten Nullrunden-Forderungen der Krankenkassen". Durch die geringen Steigerungsraten in der Vergangenheit verschärfe sich außerdem das Ungleichgewicht zwischen den Gehaltssteigerungen einer Oberärztin bzw. eines Oberarztes am Krankenhaus und den Arztlöhnen in der Niederlassung.
Sollten die Krankenkassen nicht bereit sein, Verantwortung für ihre Versicherten zu übernehmen und ausreichend Geld für die ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen, werde sich die schwierige wirtschaftliche Lage der Praxen weiter verschlechtern. Dann sei letztlich zu überlegen, wie das Leistungsangebot für die Versicherten dem finanziellen Rahmen angepasst werden könne.
"PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!" – bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen
Die KV RLP hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) unter dem Titel "PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!" veröffentlicht. Heute und in den nächsten Wochen werden alle KVen themengleiche Pressemitteilungen in ihren Bundesländern veröffentlichen, um auf die akut gefährdete Situation der ambulanten Versorgung aufmerksam zu machen. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene, die am 9. August 2023 starten.
Höhepunkt der Aktion wird am 18. August 2023 eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller KVen gemeinsam mit der KBV in Berlin sein. Es werden ärztliche und psychotherapeutische Vertreterinnen und Vertreter aus ganz Deutschland erwartet. Mehr Informationen finden Sie unten.
"LAHNSTEIN92 – Schluss mit Budgetierung und Bedarfsplanung!" – Protestaktion am 13. September 2023
Die Unterfinanzierung in der ambulanten Versorgung wird auch Thema bei der Protestaktion "LAHNSTEIN92 – Schluss mit Budgetierung und Bedarfsplanung!" der niedergelassenen Ärzte- und Psychotherapeutenschaft am 13. September 2023 in Lahnstein bei Koblenz sein. Die Aktion ist Teil der Kampagne "WIR SEHEN SCHWARZ – FÜR DIE ZUKUNFT UNSERER PRAXEN." Aktuelle Informationen zur Protestaktion sind abrufbar unter: